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ULTIMATE AKADEMIE 1987 - heute

Enno Stahl

Die als 'non-profit-Unternehmen' gegründete ULTIMATE AKADEMIE war & ist 1 "Kunstschule" im unüblichen Sinne - die "Studenten" (Künstler lernen bekanntlich nie aus) stehen für sich selbst, sie sind somit ihr eigener "Professor" & entwickeln sich durch Kooperation, durch die gemeinsame Realisation von Projekten, durch gegenseitige Beeinflussung.

Klassische Kunstausbildung richtet ihr Augenmerk auf das Handwerk, Künstler/in kann aber nur sein, wer auf der Basis dieses Handwerks seinen (kreativen/intellektuellen) Ausdruckswillen freisetzen kann. Dies ist nicht zuletzt auch 1 Akt der Kommunikation - künstlerisches Tun muß in diesem Sinne offen sein, Kontakt zwischen den Menschen/ künstlerisch Arbeitenden der verschiedenen Medien herstellen (= der soziale Aspekt): Kunst, Leben & Kunstvermittlung sind 1. Auf der Grundlage dieser Bestrebungen hat sich die ULTIMATE AKADEMIE zu einem Knotenpunkt des Netzwerks entwickelt, der die wichtig(st)en Projekte/ Künstler/innen (aller Sparten) der unabhängigen Kunstszene Kölns zusammenführte & deren gemeinsames Arbeiten hier oder anderswo bewirkte/ ermöglichte. Aus diesem Aspekt entwickelte sich im Rahmen der ULTIMATE AKADEMIE 1 regelrechtes Kursprogramm, das von den Künstler/inne/n des Kerns bestritten wird.

Neben diesen"pädagogischen" "Richtlinien" bzw. sozio-kulturellen Aspekten kann die ULTIMATE AKADEMIE auf 1 stolze Bilanz von über 200 Ausstellungs-, Literatur- & Performance-Veranstaltungen zurückblicken (s. dazu die vollständige Auflistung in ULTIMATE CHRONOLOGIE), an denen sich bislang über 300 internationale Künstler/innen beteiligten. Dazu Fax-Projekte, Mail-Art, TV-Network (Piazza Virtuale) in weltumspannendem Rahmen.

Der inhaltliche Schwerpunkt, der dabei zugrundegelegt wurde, war (getreu der (anti-) ideologischen Ausrichtung) anti-kommerziell, spontan, frei improvisativ. Das Augenmerk lag (& liegt) darauf, nicht den eingefahrenen Schienen der etablierten Galerienwelt zu folgen, sondern neue, unmittelbare/ ursprüngliche Konzepte der Kunst

Anti-kommerziell

vermittlung zu erarbeiten, die einen direkten Zugang zum Menschen (Rezipienten) (& umgekehrt direkteren Zugriff der Kunst auf den Lebenszusammenhang) gewährleisten. 1 Aspekt dieser Bemühungen war die Organisation origineller Themenausstellungen: die 1. Veranstaltung dieser Art war die sog."Documenta Banana" [Sommer 1988] (womit natürlich die große Kunst-Documentapersifliert wird - was regelrecht 1 eigene Tradition im Rahmen der ULTIMATE AKADEMIE bewirkt hat - es folgten bis heute: 1 "Documenta Erotica" [Herbst 1988], "Documenta Politika" [Frühjahr1990] & die "Documenta Micro Fair" [1993] - wobei zugleich der Kunsthandel in die Parodie miteinbezogen wird: 1 Kunstmesse im Mikroformat). Die "Documenta Banana" - Kunst & Aktion: Alles dreht sich um die Banane - brachte 1 Besucherrekord & gewaltigen Medienauftrieb (TV, Presse). Schnell folgten weitere Unternehmungen, 1 Austausch mit neapolitanischen Künstlern z.B., aber auch Projekte, die beileibe nicht in geordneten Ausstellungsbahnen verliefen: Aktionen wie H.J. Taucherts "Ultimate Theater zeigt: Das Leben" (die Zuschauer werden auf Stuhlreihen placiert, dann lediglich die Tür zur Straße geöffnet - jeder Passant/ =Schauspieler wird frenetisch beklatscht) weisen auf 1 dem Kunst-Establishment diametral entgegengesetzte Kunstauffassung der ULTIMATE-Künstler. Ende 1988 wurde hier der KRASH-Verlag gegründet (Enno Stahl, Dietmar Pokoyski), was den Schulterschluß zwischen unabhängiger Kunst- & Literaturszene bedeutete (KRASH hat in der Folge viele Aktionen/ Ausstellungen/ Editionen dokumentiert & ediert). Dieser Kontakt mündete in 2 von KRASH organisierte BAD-LANGUAGE-SHOWS [Mitte 1989] (Performance-Veranstaltungen mit 1 Programm, das sich (theaterartig) jew. über drei Tage erstreckte). Auch in diese Zeit reicht die Arbeit mit der Interessengemeinschaft COOP KUNSTFORUM (initiiert von Parzival), an der viele ULTIMATE-Mitglieder partizipierten, 1 Zusammenarbeit, die der ULTIMATE in der Folge div. neue Mitarbeiter zuführte. In der 2. Hälfte 1989 kam es zu geballten Aktivitäten (bis zu 3 Veranstaltungen im Monat), insbes. Performance-Veranstaltungen, die den engeren Kern der ULTIMATE-Künstler zusammenschweißte. Da war zunächst einmal der "Künstlerzoo" (Concept: Pellini), bei dem die beteiligten Akteure ihre Kunst sämtlich hinter Gittern betrieben & sich dabei begaffen ließen: "Füttern erlaubt" (mit Bier & Essen: was mit Gedichten & Bildern belohnt wird). (s. auch "Bilder von Sigmar Polke" (Tauchert/ Broska), "ULTIMATE FLUXUS Exhibition" - 1 Bilder-Schwarzmarkt, "Das Narrenschiff" - ULTIMATE-Karneval). Anfang Dezember 1989 fand denn auch erstmalig die WEIHNACHTSVERSTEIGERUNG unter der ULTIMATE -Auktionärin Theresa Stoffel statt - 1 Auktion, bei der Preise fallen, nicht steigen - die in den folgenden Jahren zu 1 festen Institution wurde. 1990 war die Aktivität von 1 verstärkten Einsatz neuer Medien geprägt ("Video Congress", "Medien-Kunst"). Daneben kam es nunmehr zu 1 Reihe von Einzel- bzw. Duo-Ausstellungen (u.a. Ruth Jäger, Ralf Vormbusch, Ruth Knecht, Gebrüder Kunst (=Parzival/ Jo Zimmermann), Theresa Stoffel, Ro.Ka.Wi., Marcus Krips), 1 Phase, die auch auf veränderte Raumverhältnisse zurückzuführen ist (der ULTIMATE-Keller stand als Performance-Raum nicht mehr zur Verfügung) Somit siedelten derlei Aktionen mitunter in befreundete Lokalitäten über (z.B. Galerie 68elf [N-NOON, KRASH-Gruppenperformance, 10/90], Ruine [Kunsttisch m. Aktionen, 11/91 u. ´92, 100 Performances, Urania-Theater, 11/94]. Mitte 1991 gab es wiederum 1 Änderung in der Programmstruktur: jetzt standen wieder verstärkt Gruppenausstellungen an: z.B. "Am Asch der Welt" [Wechselausstellung in Ruth Knechts Wohnung in Asch/ Blaubeuren sowie in ULTIMATE AKADEMIE] oder die Themenausstellung `Geld ist Energie´, die an die politische Dynamik der "Documentas" anknüpfte.

Mini-Ausstellungen

1992 - mit R.J. Kirschs Aufnahme in die Organisation - wurde das ULTIMATE MULTIPLE DEPOT gegründet, 1 ständiges Depot mit Klein- & Kleinstarbeiten der ULTIMATE-Künstler. Dies war nicht zuletzt auch 1 Antwort auf 1 weitere Zuspitzung der Raumsituation, die hiermit an ihrem absoluten Tiefpunkt angelangt war: von der ULTIMATE AKADEMIE war lediglich der Vorraum als Organisationsbüro/ Platz f. Mini-Ausstellungen verblieben. Alle Aktivitäten mußten an diesen beengten Verhältnissen orientiert werden. Doch wie immer galt hier wieder die Vorgabe John Cage‘s: "You have to work with limitations , d.h. veränderte, selbst verschlechterte Bedingungen werden integriert, führen eben zu 1 kreativen Nutzungsänderung, zu 1 Umorientierung der Position. Nunmehr beschränkte man sich zunächst auf die Ausstellung von Künstler-Editionen ("Leipziger Künstler" zu TATA-OST, "Kunstburg" (hrsg. v. H.J. Tauchert), "UNI/VERS" (hrsg. v. Guillermo Deisler, Halle, t 1996) oder Vortäge ("On the road - Art & Door-to-door Sales", Andrew Walter/ Alice Kinser). Doch kam es auch zu solch folgenschweren Aktionen wie der Eröffnung des "Staubüros Köln" & der Grün- dung des "STAUFREUNDE n.e.V" (Claudia Pütz/ H.J. Tauchert), 1 der publicity-trächtigsten Farcen, welche hier je geritten wurden. Bald schon gründete dieser "nicht erforderliche Verein" sein eigenes Organ, die Zeitschrift "Der Stillstand". Die KUNSTPIRATEN organisierten 1 Austausch-Projekt mit dem KUNSTHAUS TACHELES (Berlin). R.J. Kirsch ist es zu verdanken, daß es trotzso regen wie originellen Ausstellungsaktivität kam: er initiierte u. a. 1 "Editionsparty" (m. eßbaren Mutiples/ die Ausstellung wurde während der Vernissage weitestgehend vertilgt), die "Handauflegungen" (1 Outdoor-Guided-Tour (Anja Ibsch, Stahl, Zimmermann), die Geruchsausstellung "Auf Nasenhöhe" sowie zum 5-jährigen Geburtstag mit ‘Postmoderne´ - 1 Briefmarkenedition mit den Köpfen der ULTIMATE-Künstler.

Intensiv beteiligte sich die ULTIMATE AKADEMIE am TV-Projekt "Piazza Virtuale" (Van Gogh TV zur Documenta IX). In Zusammenarbeit mit der MOLTKEREI & dem Quantenpool Köln steuerten fast alle Künstler der ULTIMATE dazu ein oder mehrere Sendungen bei. Ebenfalls von Bedeutung waren div. Fax-Projekte, die insbesondere vom "Copy Art Enterprise" (Pellini/Berbesz) ausgingen & Al Hansen`s Idee vom "Snow Ball System" wiederaufgegriffen: Künstler aus verschiedenen Teilen der Welt treten in Beziehung & Austausch zueinander, um 1 dichtes Netzwerk an (künstlerischer) Kommunikation entstehen zu lassen - das nach Art 1 rollenden Schneeballs immer mehr an Größe & Volumen zunimmt.

zunehmend dezentrisch

Die ULTIMATE AKADEMIE ist inzwischen zunehmend dezentrisch orientiert, das heißt die Ausstellungs- und Performance-Tätigkeit in der Mozartstr. beschränkt sich heute hauptsächlich auf sogenannte "Tischperformances" und Kleinst-Ausstellungen, die der Raumgröße angepaßt sind. Seit November 1994 wurde ein monatlicher Performance-Termin im Kölner URANIA-Theater etabliert; als Eröffnungsveranstaltung fungierten die legendären, von Kirsch konzipierten 100 PERFORMANCES, eine Abendveranstaltung von 100 einminütigen Performances von fast 50 Künstler/inne/n. 1996 wurde zum 2. Mal ART BINGO, die Ausstellungslotterie, organisiert (Ziehung im Frauenmuseum Bonn), bei jede/r Mensch/in teilnehmen und im Glücksfall so eine Ausstellungsbeteiligung gewinnen kann. Ebenfalls 1996 organsierte Rolf Hinterecker ein zweites Mal (nach 1995 im Urania-Theater) - jetzt auf einem Rheinschiff - "Performance á la carte", ein Aktionsmenu, bei dem mehr als 30 Performer per Speisekarte an die Tische der Bbesucher bestellt werden konnten.

 

Die ULTIMATE AKADEMIE existiert durch Spenden & die Mitgliedsbeiträge des ULTIMATE AKADEMIE e.V. Dieser Verein ist unhierarchisch, basis-demokratisch orientiert & trifft sich so gut wie nie zu Sitzungen, sondern zwanglos im gemeinsamen Lebenszusammenhang. Die ULTIMATE AKADEMIE ist 1 Koordinationsbüro, keine Institution oder Galerie - sondern gleichbedeutend mit ihren Mitgliedern/ Projekten:M

 

Mitglieder/Künstler/innen der Ultimate Akademie (Stand 1999)

 

  • Al Hansen (t) Assemblage, Performance

  • Lisa Cieslik Konsumrealismus

  • Pietro Pellini ©COPY-ART-ENTERPRISE®

  • Yola Berbesz ©COPY-ART-ENTERPRISE®

  • H.-J. Tauchert Kontaktcafé/ Staubüro Köln

  • Inge Broska Heimatmuseum Otzenrath

  • Dietmar Pokoyski KRASH-Verlag, commfilm, 3-D-Lit.

  • Enno Stahl Lit., Performance, KRASH- Verlag

  • Theresa Drache/vormals Stoffel Tischgebete

  • Ruth Knecht Objekte, Mailart

  • Parzival Feldconcept

  • Jo Zimmermann Art-Brut experimental, Musik

  • Roland Bergère Malerei/Installation/Video

  • Petra Deus Performance/Objekt

  • Ruth Jäger Zeichnung, Copy-Art

  • R.J. Kirsch Concept, ArtBingo, DER STILLSTAND

  • Roland Kerstein digitale Kunst, Video, commfilm

  • Carola Willbrandt Performance, Installation

  • Rainer Aring (Text/)Concept, Druckgrafik, Malereii