COPY-ART-ENTERPRISE
von Pietro Pellini
Etwa mit der Gründung der Ultimate Akademie begann zeitgleich die künstlerische Fusion von ©COPY-ART-ENTERPRISE®. Es entstanden die ersten interdisziplinären Arbeiten im Bereich Foto/Copy/Video.
Zur Ausstellung des ´Freien Rheinland´ im Zollhof/Düsseldorf, Aug. 1989, wurde das erste ´Living Environment´ präsentiert: Tische, Stühle und Fernseher waren ebenso überzogen mit Copy-Art wie Kleidung oder Nahrungsmittel. Während Yola und ich uns über das "bessere" Programm stritten, vollführte Saba la Fé aus Paris ihre Telegymnastik: Mediale Entropie in der multiplen Endlosschleife des Konsums.
Die Arbeit wurde fortgesetzt mit Beteiligungen an Ausstellungen ("Copy-Art" in der Galerie 68elf, Jan.1990 und "Copy-Art-Rubber-Objects" bei Kölnisch Art, Juni - 1990) sowie an Aktionen ("Versammlung Ludwig", Museum Ludwig, Apr. 90 oder "Burning of Maya", Jun.91) in Köln.
Im März 1991 wurde das "Living Environment" um den Kommunikationsaspekt erweitert. In einem Pilotprojekt, gefördert von Toshiba, starteten wir auf der Cebit in Hannover die "Copy-Art-Fax-Aktion": Mit dem Projekt demonstrierten wir, daß Künstler sich auf globaler Ebene simultan zu einer Ausstellung an einem bestimmten Ort zusammenfinden konnten.1 Die damit einhergehende Überwindung von Raum und Zeit führte zu einer einmaligen Konstellation künstlerischer Statements und gab Einblicke in die planetare Netzkultur. Über die Kombination von Fax und Kopierer konnten mit der Veränderung von Größe, Format (Blow-up) sowie farbiger Umsetzung die Arbeiten der Teilnehmer zu Exponaten verarbeitet werden. Abweichend zu rein intramedialer Arbeit, bestand ein wichtiges Merkmal des Projekts in der Rezeption: nicht virtuell - sondern real begehbares Environment mit Face to Face - Kommunikation zu den Aktionisten. Das Kunstwerk selbst fungierte als Interface zwischen realem und medialem Raum.
Wir setzten das Projekt auf Einladung des Kunstvereins Schwäbisch Gmünd fort. Im Juni 1992 fanden sich 300 Künstler(innen) - von Papua/New Guinea bis Canada - unter dem Titel "Die Sehnsucht der elektronischen Medien nach Natur" per Fax dort zusammen. Auch hier war der Kunstverein mediale Schnittstelle - neben der Ausstellung in den Vereinsräumlichkeiten brachten wir großformatige Arbeiten auf Plakattafeln im öffentlichen Raum an.
Zur gleichen Zeit
begannen wir mit Al Hansen auf der Documenta 9 die "Snowball
Fax Machine Exploration" - eine weiterführende Maßnahme zu
dem von Filliou, Beuys und dem 14. Dalai Lama initiierten
Schneeball-Projekt. Mit einer mobilen Funk-Fax Station sendeten und
empfingen wir an verschiedenen Orten der Documenta Arbeiten von
internationalen Künstlern. Al Hansen schickte die ersten 3D-Faxe
zur Fluxus-Ausstellung ins New Museum of Contemporary Art nach New
York.
Statement:
COPY ART entsteht in der Metamorphose des Kopier-Prozesses. Wenn auch mit der technischen Entwicklung, insbesondere des Kopierers, als Kunstbegriff aufgekommen, verweist dies eher auf eine inhaltliche Auseinandersetzung als auf eine durch bestimmte Technik ermöglichte Kunstform. Dafür ist die Bezeichnung "Art electrographique", sofern die Arbeit sich primär auf den technischen Entstehungsvorgang bezieht, korrekter. Diese Kunst setzt einen der elementarsten Anlässe für kreatives Handeln in den Mittelpunkt und entsteht an der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik.
Im Medienzeitalter digitaler Technologie verschwimmen die Grenzen von Original und Kopie - eine Authentizität von Medien ist zunehmend in Frage zu stellen: Perfekte Möglichkeiten der Manipulation visueller Produkte führen zu neuen Diskussionen über Copyright, Rezeption und Konsum. Die Basis dieser Manipulationen sind Prozesse des Über- und Ineinander-Kopierens; collageartige Techniken (Sandwich, Sampling) oder Arbeiten, welche unter Ausschöpfung systemimmanenter Kopier-Prozesse entstehen. Aus den Kopien werden Originale, welche im Endresultat den Eindruck des "realen, authentischen" erzeugen können oder neue Realitäten schaffen.
COPY-ART kann in jedem Medium stattfinden, welches Manipulationen zwischen Input und Output zulässt - auf dem Kopierer als auch auf dem Computer, der die Palette des Outputs um ein Vielfaches erweitert hat.
Das Arbeitskonzept von COPY-ART-ENTERPRISE lässt sich auf die vielfältigen Prozesse und Strukturen des Kopierens in allen erdenklichen Medien anwenden. Es entwickelt darüberhinaus weitergehende Aspekte der Kommunikation, Interaktion, Präsentation und beinhaltet die permanente Option auf Veränderung. Da die technischen Voraussetzungen einem ständigen Wandel unterliegen, findet die Realisation des Konzepts variabel unter den gegebenen Möglichkeiten statt: Um ihre Qualität als Zeit- und Bewußtseinsspiegell wahren zu können, muß die Kunst ihre Reaktionsgeschwindigkeit den schnellen technischen und globalen Veränderungen anpassen.